Zu Besuch bei Herkules und Sissi

Anfang Januar habe ich die Ferien im Kindergarten für einen Tagesausflug in den Süden genutzt.

Jeden Monat mindestens einmal raus aus dem Projekt und ein bisschen was vom Land sehen – das war mein Vorsatz, den ich Ende November gefasst habe. Nachdem ich im Dezember ja zum Weihnachtsmarkt in Temeschwar war, habe ich Anfang Januar einen trüben Samstag genutzt, um in das etwa 75 km entfernte Băile Herculane zu fahren. Herkulesbad, wie die Stadt auf Deutsch heißt, ist ein Kurort, bekannt für seine 16 Thermalquellen, und schon von den Römern wertgeschätzt, die dem Örtchen auch den Namen verpasst haben.

Herkules thront auf einer Säule im Zentrum der Altstadt, die gerade renoviert wird.

Der Namenspatron der Stadt findet sich im Zentrum als große Statue wieder. Meine Blicke werden allerdings eher von den beiden Hundewelpen angezogen, die sich in Herkules‘ Schatten in zwei kleinen Kisten zum Schutz gegen die Kälte zusammengerollt hatten. An den Anblick der vielen, teilweise stark abgemagerten und heruntergekommen Straßenhunde kann ich mich auch nach fünf Monaten immer noch nicht gewöhnen. Es bricht mir jedes Mal ein bisschen das Herz und ich möchte am liebsten jeden verstrubbelten (und wahrscheinlich auch verlausten) Vierbeiner retten und mit nach Hause nehmen.

Diese beiden Fellknäule waren sicher erst einige Monate alt.

Auch wenn die vielen Hotels in der Stadt vermuten lassen, dass die Stadt ein beliebtes Reiseziel für Kurbedürftige ist, so wirkt es doch ziemlich ausgestorben an diesem Samstag. Ich streife ein bisschen durch die Straßen, schaue mir die alten römischen und österreichischen Bäder an, betrachte fasziniert (und mit angehaltenem Atem) die Schwefelquellen und entdecke, dass es einige Wanderwege rund um die Stadt gibt.

Kurz nach der Errichtung muss diese Badeanstalt ein Augenschmaus gewesen sein.
Noch ein Blick in Altstadt, vor dem weißen Haus links erkennt man die dunkle Silhouette von Herkules.
Eine der Thermalquellen, die hier einfach aus dem Boden und ins Flussbett sprudeln.

Herkulesbad liegt nämlich mitten im Nationalpark Domogled-Valea Cernei, und dort gibt es, so habe ich mich inzwischen belesen, Höhlen mit tropischem Klima, was in Rumänien einmalig ist, und auch sonst nur sehr selten auf der ganzen Welt vorkommt.

Leider wusste ich das weder, als ich in Herculane war, noch hatte ich Wanderschuhe an, deswegen habe ich nur den kürzesten der Wanderwege abgelaufen. Aber auch die Strecke war schön, durch den Wald, mit Blick auf das Städtchen, und angeblich ganz auf den Spuren von Kaiserin Sissi.

Wanderweg oberhalb von Herculane, auf den Spuren von Sissi
Ob sie hier wohl gestanden und „Franz…“ geseufzt hat? 😉

Nach den Römern geriet Herculane ein bisschen in Vergessenheit. Unter der Herrschaft des Königreichs Österreich-Ungarn erlangten Herkulesbad und seine Thermalquellen dann wieder neue Popularität, und mehrere Herrscher des Reiches, darunter eben auch Sissi, kamen hierher um in den prächtigen barocken Badehäusern die gesunde, nach faulen Eiern riechende Schwefelluft zu inhalieren und sich im Wald die Beine zu vertreten (und vermutlich ein bisschen frische Luft zu schnappen…).

Sissis Villa

Auch die Villa, in der sie bei ihren Besuchen wohnte, kann man von außen betrachten, sie ist allerdings, wie die meisten Gebäude in der Stadt, ziemlich heruntergekommen. Das, und auch die Tatsache, dass an einem Samstag von den zahlreichen Cafés und Geschäften gerade mal eine einzige Pizzeria geöffnet hat, in der ich mir mittags eine Kleinigkeit kaufen kann, finde ich ein bisschen schade. Liegt es vielleicht an der Jahreszeit?

Insgesamt sehe ich in der Stadt aufgrund der Thermalquellen, der alten Bausubstanz und der wunderschönen Lage viel Potential. Hier ließe sich was draus machen – wenn jemand Geld hätte, um darin zu investieren. (Gar nicht so einfach, wie mir eine Bekannte erklärt hat. Es gab wohl mal jemanden, der sich das Projekt auf die Fahne geschrieben hatte, aber der dann mit dem Kredit von der Bank einfach durchgebrannt ist.)

Auch die Anreise ist einfach und schnell, da Herculane mit Bus und Bahn gut an den ÖPVN angebunden ist. Mit umgerechnet ca. 4,50 € für eine Fahrt (inkl. Bus vom Bahnhof hoch in die Stadt) war es auch überhaupt nicht teuer. Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Nur um die Stadt zu sehen, würde ich vermutlich nicht noch mal nach Herculane fahren, zumindest nicht, solange hier nicht ein bisschen saniert wurde. Als Ausgangspunkt für einen Streifzug durch den Nationalpark könnte es aber durchaus interessant sein. Sollte es mich daher noch mal in die Gegend verschlagen und ich habe meine Wanderschuhe dabei, werde ich definitiv den Weg zu den tropischen Höhlen wagen! Im Frühling, wenn der Wald dann voll von frischem Grün ist, könnte das durchaus noch mal einen Tagesausflug wert sein.

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