„Musst du als Missionar eigentlich andere Menschen bekehren?“
Diese Frage wurde mir bisher wohl am häufigsten gestellt (dicht gefolgt von „Was isst man in Rumänien überhaupt?“ – Kulinarische Begeisterung liegt bei uns eben in der Familie…)
Tatsächlich war die Frage, was eigentlich hinter dem Begriff „Missionar auf Zeit“ steckt, einer der zentralen Bestandteile des zweiten Vorbereitungsseminars, das im April in der Woche vor Ostern stattgefunden hat. Statt mit einem beklommenen Gefühl bin ich dieses Mal voller Vorfreude angereist – und es gab ein tolles Wiedersehen mit der ganzen Truppe! Neben den schon bekannten Gesichtern waren auch einige neue dabei, hauptsächlich Teamer, die wir noch nicht kannten, aber auch eine neue MaZlerin in Vorbereitung, die noch nachträglich zu unserer Gruppe dazu gestoßen ist.
Im Verlauf der Woche haben wir uns mit den Themen Glaube, franziskanische Spiritualität und dem eigenen Werdegang beschäftigt. Wer sind wir und wie sind wir dazu geworden, woran glauben wir und wie leben wir diesen Glauben aus, und welche Grundsätze definieren franziskanische Spiritualität? Mit derartigen Fragen haben wir uns in ganz unterschiedlicher Weise auseinandergesetzt. Von der Gruppendiskussion über gemeinsame Fingerfarbexperimente bis hin zu stillen Einkehr an Gebetsstationen in der Kirche war die Palette an Übungen, die unsere Teamer aufgefahren haben, wieder einmal sehr abwechslungsreich und spannend. (Mehr darüber könnt ihr übrigens auch im Seminarbericht auf der Homepage der Franziskanerinnen lesen, den habe dieses Mal ich geschrieben. Den Link findet ihr am Ende von diesem Beitrag.)

Foto: https://www.fcjm.de/cms/front_content.php?idcat=68
Da für mich bisher der Glaube eher ein Teil meiner Erziehung war, den ich nie im Detail hinterfragt habe bzw. mit dem ich mich bisher nicht sonderlich intensiv auseinandergesetzt hatte, fand ich das Thema des Seminars sehr spannend. Besonders gut hat mir eine Übung gefallen, in der wir anhand von Leitfragen in einem Brief an Gott unsere Glaubensbiographie schildern sollten. Mir hat das sehr dabei geholfen mir vor Augen zu führen, an welchen Stellen in meinem Leben mein Glaube bisher (teilweise auch unbewusst) bereits eine Rolle gespielt hat. Eine zweite Sache, die mir sehr viel Spaß gemacht hat, war der Kontakt zu den Schwestern im Kloster. Wir haben dieses Mal auch Schwestern kennengelernt, die nicht direkt mit dem MaZ-Programm zu tun haben, unter anderem bei einem Besuch im Altenheim, das ans Kloster angeschlossen ist.
Insgesamt war das Seminar ganz anders als das erste, weil es weniger darauf angelegt war, sich als Gruppe kennenzulernen, sondern eher immer wieder die Möglichkeit bot, mit Einzelpersonen ins Gespräch zu kommen. Außerdem steckte der Großteil der Gruppe mitten in den Vorbereitungen für die Abiprüfungen (ein Fakt, an den ich vorher überhaupt nicht gedacht habe, um ehrlich zu sein). Daher gab es zwischen den Einheiten immer wieder „Lernpausen“, in denen ich dann Rumänisch gelernt und gelesen habe, spazieren gegangen bin und die Teamer mit Fragen gelöchert habe. Wir sind auf jeden Fall alle froh, dass bei unserem nächsten Seminar die Prüfungen durch sind und dann wieder mehr Zeit für Kartenspiele und Co bleibt! 🙂
Zum Schluss bleibt noch die Frage vom Anfang zu beantworten: Muss ich als „Missionar auf Zeit“ andere zum Christentum bekehren?
Die Antwort lautet: Nein! „Missionar auf Zeit“ zu sein bedeutet nicht, jemand anderem meinen Glauben aufzudrängen. Der Auftrag, möglichst viele andere Menschen von der eigenen Religion zu überzeugen, teilweise auch mit Hilfe von unlauteren Mitteln wie Erpressung und Gewalt, gehört zum Glück der imperialistischen Vergangenheit an. (Dass ich sonst an dem Programm nicht mitwirken würde, versteht sich ja hoffentlich von selbst!)
Stattdessen geht es für uns darum, dort mit anzupacken, wo Hilfe nötig ist. Mit gutem Beispiel vorangehen, indem man sich nach den Werten des eigenen Glaubens richtet und diese aktiv lebt. Auf Augenhöhe mit Menschen anderer Kulturen und Religionen leben, lernen und wachsen. Sich austauschen, in den Dialog treten und dabei auch den eigenen Glauben kennen lernen. Aber auch als Missionar zurück nach Deutschland kommen und dort weitertragen, was wir im Ausland gelernt haben.
Kurz gesagt: „Mitleben – mitbeten – mitarbeiten“. Das ist das Motto des MaZ-Programms und das erklärt auch ganz gut, was von uns erwartet wird, wie ich finde. Ich denke, es gibt keinen besseren Rahmen um diese Werte zu verinnerlichen und zu begreifen, was es wirklich bedeutet mit anzupacken, als im Kreise von Menschen die sich mit ihrem ganzen Leben dem Dienst an Bedürftigen verschrieben haben, so wie es die Franziskanerinnen tun.
Link zu http://www.fcjm.de